Alexander Fischer

Preisträger Hugo-Häring-Auszeichnung Neckar – Alb 2008

Umbau und Erweiterung „Rosenhäusle“ zur Dokumentationsstätte

Gomadingen-Grafeneck

Alexander Fischer

Umbau und Erweiterung „Rosenhäusle“ zur Dokumentationsstätte

Gomadingen-Grafeneck
Projekt
Umbau und Erweiterung "Rosenhäusle" zur Dokumentationsstätte
Architekt
Hartmaier + Partner Freie Architekten BDA
Bauherr
Gedenkstätte Grafeneck e.V. Samariterstiftung Grafeneck vertreten durch den Vorsitzenden Herrn Mike Münzing

Angesichts einer derzeit geradezu hypertrophierenden Gedenkstättenkonjunktur mit ihren konkurrierenden Betroffenheitssignalements erscheint die hier zum Vorschlag gebrachte Lösung mit der Integration einer vorgegebenen, kleinräumlichen, konventionell-wohnhausartigen Baulichkeit (mit der sich aber überlieferte Reminiszenzen seiner ehemaligen Bewohner verbinden) in ein Gesamtkonzept von wohltuender, pathosfreier Schlichtheit fast als eine Art verblüffenden Understatements. Erschließung und Integration sind die beiden zunächst dominierenden Aufgabenmerkmale. Das vorhandene Gebäude ‚Rosenhäusle’ wird dabei einmal genutzt zur Schaffung eines multifunktionalen Nukleus mit kleinteiligen, seinen vormaligen räumlichen Dispositionen folgenden Unterbringungen für Büro, Teeküche, Geräteraum, Archiv und Bibliothek. In Verbindung mit einem davor gestellten, langgezogenen, L-förmigen, mit horizontalen Holzlamellen verkleideten Baukörper und dessen Überdachung wird dieses zunächst einmal abgeschirmt. Die orthogonal geführte Wand firmiert für den außenstehenden Betrachter als nachhaltig verlangsamendes, damit zugleich einstimmungsvorbereitendes Moment der Unterbrechung. So entsteht sowohl eine veränderte Zugangssituation, als auch zugleich eine im Interieur konzis geführte Präsentationssituation für eine Dauerausstellung. Zugänglich durch einen Portaleinschnitt, rückseitig abgeschirmt durch den kurzen Fuß der L-förmigen Wandführung, ist als erweiterter Eingangsbereich eine halboffene Vorhofsituation mit Sitzelementen geschaffen worden, von der aus die Besucher eine Einführung (entweder life oder durch entsprechende, auch audio-visuelle Dokumentation) erhalten, noch ehe sie Zugang zu der in dem von dort aus längsgestreckten Raumgang untergebrachten eigentlichen Dokumentation der in Grafeneck in der Ära des Naziregimes durch dessen ‚Umgang’ mit sog. ‚lebensunwerten Leben’ verübten Verbrechen erhalten. Es erscheint konzeptionell überaus schlüssig, wie hier – mit baulich vergleichsweise einfachsten Mitteln bzw. Elementen – gleichsam eine artifiziell bewerkstelligte Unterbrechung geschaffen wird, die einerseits Diskretion bewirkt und andererseits mittels motorischer Verlangsamung und rezeptiver Störung dazu beiträgt, dass so etwas wie ein nicht-dekretiertes, sondern selbst bedenkendes Gedenken überhaupt zustande kommt.

Preisträger

Hugo-Häring-Auszeichnung Neckar – Alb 2008