Historie

Historie¹

Auf der Bildseite einer Ansichtskarte mit einer Innenaufnahme des Treppenhauses des Hotels Frankfurter Hof in Frankfurt am Main steht in Sütterlinschrift zu lesen:

„Liebe Dodo, in diesem schönen Hotel habe ich eben den Bund Deutscher Architekten begründet, der hoffentlich für immer bestehen bleiben wird. Sonst aber“, so fährt der Schreiber fort, „geht’s mir gut und sehe ich euch morgen wieder. Um ½ 6 Uhr bin ich zu Hause. B.“

Diese Zeilen schrieb einer der Mitbegründer des Bundes Deutscher Architekten BDA nach historischer Tat, am 21. Juni 1903, aus Frankfurt am Main, an seine Tochter Doris, genannt Dodo.

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BDA, 1903

 

Bei seiner Gründung 1903 verstand sich der BDA als „Vereinigung der ihren Beruf als Künstler ausübenden Architekten zum Schutze ihrer Arbeit und zur Hebung ihres Ansehens“. Der erstrebte Berufstitelschutz war jedoch von Beginn an stets auch mit der Sorge um die Qualität des Planens und Bauens verbunden. Dadurch konnte sich der BDA schnell zum ersten überregionalen Architektenverband, der als Qualifikationsverband galt, entwickeln. Die Berufsbezeichnung „Architekt BDA“ stand über Jahrzehnte allein als „Berufstitelschutz“. Eine solche Qualitätsgarantie konnte der BDA, als Bund von freiberuflich tätigen „Privatarchitekten“, mit Hilfe einer Selbstverpflichtung einhalten. Die BDA Mitglieder vollzogen die damals unübliche Abgrenzung gegenüber unternehmerischer Tätigkeit im Baubereich und begrenzten ihr Angebot allein und strikt auf den Entwurf oder die Planung und verzichteten auf die übliche Verknüpfung mit Bauleistungen. Für die Auftraggeber und das Bauwerk erwies sich die Unabhängigkeit der Planung, bei der die Architekten als „Bauanwälte“ auftraten, als Vorteil. Dieses Handeln der Architekten als „sachkundige Treuhänder“ der Bauherrn hat sich bis heute bewährt. Der BDA verpflichtete sich damals wie heute, für die Qualität seiner Mitglieder gegenüber der Öffentlichkeit einzustehen: für deren „künstlerische Tüchtigkeit, Ehrenhaftigkeit und das sachgemäße Wirken“ mit dem Ziel einer hohen Qualität der gebauten Umwelt.
Nach innen wurde diese öffentliche Verpflichtung durch Berufsgrundsätze auf die Mitglieder des BDA übertragen. Die letztlich von Baurat Eelbo und dem späteren Oberbaudirektor von Hamburg, Professor Fritz Schumacher, verdichtete „Ehrenordnung“ des BDA geht zurück auf bereits Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellte Regeln von Architekt Vogel aus Hannover, die er im wesentlichen aus der Übersetzung der „ethics“ der Architektenvereinigung von Boston, USA, abgeleitet und an deutsche Verhältnisse angepaßt hat. Berufsgrundsätze übrigens, die heute noch vorbildliche Baukultur garantieren.

 

Hamburg

Als nach dem Zweiten Weltkrieg, ab 1947– in Hamburg 1965/67 – die Architektenkammern in den deutschen Bundesländern gegründet wurden, konnte der BDA sein Engagement wesentlich stärker auf gesellschaftliche Belange richten. So galt er in der unmittelbaren Nachkriegszeit (1945-1948) als wichtiger Ansprechpartner für den Wiederaufbau Hamburgs². Er war ab 1945 in dem zentralen Hamburger Gremium für den Wiederaufbau vertreten, dem „Arbeitsausschuß Stadtplanung“; und der BDA Vorstand benannte der öffentlichen Hand Architekten, die mit Teilaufgaben der Wiederaufbauplanung betraut werden sollten. Zusätzlich gab er dem Arbeitsamt Auskunft über die Berufsqualifikation der Architekten. Die Diskussion um das Aufbaugesetz von 1949 begleitete der BDA ebenso engagiert wie den beginnenden Sozialen Wohnungsbau. 1950 richtete er im Zusammenhang mit der Auslobung des Innenstadtwettbewerbs einen „Arbeitskreis für Stadtplanung“ ein. Und auch Titel der neu eingerichteten Schriftenreihe des BDA Hamburg – damals von Rudolf Lodders herausgegeben – belegen mit Heften wie „Neue Städte in einem neuen Deutschland“ (1947) und „Stadtplanung in Hamburg“ (1948), dass in den Wiederaufbaujahren die Stadtplanung eine wesentliche Bedeutung im BDA innehatte.³
In den 1960er Jahren wurde die Einsetzung eines BDA-„Ausschusses für Städtebau“ erörtert, der – und das ist äußerst ungewöhnlich – nach einem Jahr intensiver Diskussionen, im April 1966, in die BDA Satzung aufgenommen und dessen Mitglieder durch die gesamte BDA Mitgliedschaft gewählt wurden. BDA Mitglieder arbeiteten auch in der sogenannten „Unabhängigen Kommission“ mit, die den Flächennutzungsplan von 1973 vorbereitete.
Eine quantitative Auswertung zeigt: Die Begleitung der Stadtentwicklung ist auch nach 1973 bis heute ein beherrschendes Thema des BDA, dicht gefolgt von Fragen der Gestaltung und oftmals in Verbindung beider Gesichtspunkte. Beinahe ebenso wichtig erscheint im Rückblick der Wohnungsbau, gefolgt vom Denkmalschutz und der Stadterhaltung und sogar die Regionalplanung, die sich – Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre – auf die Entwicklung der Unterelberegion bezog. Das Wettbewerbswesen, also der freie geistige Wettbewerb der Architekten – der zur besten Lösung und höchsten Qualität einer Bauaufgabe führen soll – folgte in der Rangfolge der Aktivitäten erst auf dem Rang nach der Stadtentwicklung und der Gestaltung. Berufsrecht und Gebührenordnung waren niemals wichtiger als der Denkmalschutz. Ein besonderer Stellenwert wurde auch der Ausbildung der Architekten und der Gesetze zum Planen und Bauen eingeräumt. Und einen schonenden Umgang mit Landschaft und Natur forderte der BDA bereits in den 1970er Jahren. Den angesprochenen berufsorientierten, ständischen Weg passte der BDA schon früh den sich wandelnden Verhältnissen an und wendete sich mehr und mehr den allgemeinen Belangen der Qualität der gebauten Umwelt und deren Grundlagen zu.

¹ Überarbeitete Fassung des Aufsatzes in Hildegard Kösters/Volker Roscher (Hrsg.), Architekten und Architektinnen BDA in Hamburg – Handbuch 2000/01, Hamburg 2000

² Schildt, Axel; Aufbaugeist und Grabenkämpfe. Zur Gründung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) in Hamburg nach dem zweiten Weltkrieg, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte Band 73/1987, S. 151-169

³ Die von Rudolf Lodders herausgegebene Schriftenreihe des Bundes Deutscher Architekten erschien lediglich 1947 bis 1948 und wurde dann, wie sich dem Protokoll der Mitgliederversammlung entnehmen läßt, „aus Kostengründen eingestellt.“ Die sechs vom Phönix-Verlag Christen & Co. m.b.H., Hamburg 1 verlegten Hefte waren wie folgt benannt:

  • Industriebau und Architekt und ihre gegenseitige Beeinflussung, (mit Illustrationen) von Rudolf Lodders (Heft 1);
  • Neue Städte in einem neuen Deutschland, von Curt Christian Stein (Heft 2);
  • Neues Bauen mit Aulendorfer Rede und Illustrationen, von Hugo Häring (Heft 3);
  • Fundamente des Aufbaus, mit drei Plänen von Dähn/Hillebrecht (Heft 4);
  • Von der Persönlichkeit des Architekten, Eine Studie zur Berufsgeschichte, (mit Illustrationen) von Rudolf Lodders (Heft 5);
  • Stadtplanung in Hamburg, 10 Vorträge – mit Kartenmaterial (Heft 6).